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Charakterisierung von Ionenstrukturen

Sowohl MI-spektren (MI = Metastabile Ionen) als auch CID-Spektren können zur Strukturcharakterisierung organischer Ionen herangezogen werden. Aus den vorstehend geschilderten Mechanismen der Produkt-Ionen-Bildung ergeben sich einige Unterschiede zwischen diesen Spektrentypen.

Obwohl in MI-Spektren Reaktionen mit geringer Aktivierungsenergie bevorzugt auftreten (konkurrierende Zerfallsprozesse) und deshalb geringe Strukturunterschiede stärker widergespiegelt werden, werden heute CID-Spektren zur Strukturcharakterisierung bevorzugt. Dies liegt nicht nur an der größeren Intensität und der größeren Anzahl der Zerfallsreaktionen, die auf die höhere Energie der Ionen zurückzuführen sind. Es liegt auch daran, dass die Intensitätsverhältnisse in CID-Spektren weniger von der Energie der Ionen in der Quelle abhängig sind. Die Energieverteilung nach dem Stoß ist ja weitgehend unabhängig von den relativ kleinen Energieunterschieden vor dem Stoß. Dennoch kann auch in CID-Spektren die Intensität einzelner Peaks stark von der Energie der Ionen in der Quelle abhängen. Es handelt sich dabei um Peaks, die von Zerfallsreaktionen mit geringer Aktivierungsenergie herrühren. Es sind dies die selben Zerfallsreaktionen, die auch bei metastabilen Ionen auftreten. Für Strukturanalysen ist es daher günstig, diejenigen Peaks, die im MI-Spektrum auftreten, vom CID-Spektrum abzuziehen.

Dazu kommt noch folgendes: Metastabile Ionen sind langlebig, andererseits haben sie genügend Energie um zu zerfallen. Es können daher vor dem Zerfall Isomerisierungsreaktionen ablaufen, die oft eine geringere Aktivierungsenergie besitzen als der Zerfall. Bei der CID-Methode hingegen ist für einen Großteil der Ionen die Energie vor dem Stoß geringer als die Aktivierungsenergie für die Isomerisierung.

Es ist günstig, Ionen, deren Struktur mittels CID untersucht werden soll, in der Quelle mit möglichst niedriger Energie zu erzeugen, um das Auftreten von Isomerisierungsreaktionen einzuschränken. Nach dem Stoß erfolgt der Zerfall meist so rasch, dass keine Isomerisierungsreaktionen ablaufen können (diese Überlegungen gelten nicht für Mehrfachstöße, siehe Stoßreaktionen). Zum Abschluss sei noch auf einige Unterschiede zwischen Niedrigenergie- und Hochenergie-CID-Spektren hingewiesen. Die Verweilzeit der Ionen im Stoßquadrupol ist etwa um den Faktor 100 größer als in der Hochenergie-Stoßzelle. Daher werden auch langsame Zerfälle registriert, die in Hochenergiespektren nicht auftreten. So können Niedrigenergiespektren unter Umständen strukturelle Unterschiede isomerer Verbindungen deutlicher widerspiegeln als Hochenergiespektren. Umgekehrt treten in Hochenergiespektren stark endotherme Zerfallsreaktionen stärker in Erscheinung als in NiedrigenergieSpektren. So treten auch sogenannte "remote" Fragmentierungen (dies sind Fragmentierungen, bei denen die Spaltung mehr als drei Bindungen entfernt von der ladungstragenden funktionellen Gruppe erfolgt) auf, die Aufschluss geben können über Strukturelemente in größerer Entfernung von der funktionellen Gruppe. Bei Niedrigenergiestößen gehen die Fragmentierungen in der Regel von der ladungstragenden funktionellen Gruppe aus.

Die Mechanismen der Stoßanregung bei Hochenergiestößen und Niedrigenergiestößen unterscheiden sich grundlegend. Bei ersterem erfolgt eine elektronische Anregung, bei letzterem eine direkte Schwingungsanregung. Hochenergiespektren und Niedrigenergiespektren können sich daher unter folgenden Bedingungen grundlegend unterscheiden: Liegen die Potentialflächen nicht genügend dicht, so kann es sein, dass nach dem Hochenergiestoß der ursprünglich erreichte elektronisch angeregte Zustand nicht in den Grundzustand übergeht. Es wird ein sogenannter isolierter Elektronenzustand erreicht. Damit bezeichnet man einen elektronisch angeregten Zustand, der so langlebig ist (z.B. 10-9 s), dass die Ionen aus diesem Zustand heraus zerfallen.


Last Update: 2010-12-14